Zeitlich bedingte Sprachzweifel

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as Abitur ist eine Zeit der Arbeit, der Spracharbeit: Abiturienten versuchen sich daran, ihre Studierfähigkeit unter Beweis zu stellen, schriftlich und mündlich, also vor allem auch sprachlich. Deutschlehrer versuchen korrigierenderweise, die Beweiskraft der Produkte zu überprüfen. Das ist nicht so ganz ohne bei jungen Erwachsenen, denn Erwachsene sind bekanntlich komplizierter – auch beim Fehlermachen. ABI-Zeit ist für die beteiligten Lehrer hauptsächlich Korrekturzeit.

Vor den Korrigierarbeiten des Deutschabiturs bin ich dieses Jahr nochmal verschont geblieben, doch die Abiturskurzmeldung zum mündlichen Abitur auf der Phoenix-Webseite verfasse ich dennoch möglichst bewusst. Korrekt soll es sein. Immerhin, es geht ums Abitur. Sprachgefühl oder „Sprache hat man im Gefühl“ – doch je mehr Aufsätze man als Deutschlehrer korrigiert, desto häufiger stellen sich Zweifel ein, auch beim eigenen Schreiben.

Wie es ist denn nun, heißt es

  • a) „Am Montag, den 16. Juni…“

oder

  • b) „Am Montag, dem 16. Juni…“

und vor allem, wie geht es danach weiter – mit oder ohne Komma?

Intuitiv gefühlt würde ich schreiben: „Am Montag, den 16. Juni 2008 ist es mal wieder soweit.“ Aber allzu oft konnte ich in Rechtschreibangelegenheiten dem reinen Fühlen nicht vertrauen. Der Studienschwerpunkt „Barockliteratur“ war meiner Intuition diesbezüglich auch nicht immer förderlich. Was also tun?

Mal schauen, was andere so schreiben, denke ich. Als moderner Internetmensch haste ich gleich zu Google und gebe „Montag, den“ als Suchbegriffe ein. Natürlich findet man damit ziemlich viel – und zwar sowohl mit als auch ohne abschließendes Komma. Das hilft mir wie so oft nicht wirklich weiter.

Vielleicht komme ich hier doch mit der tradionellen Methode weiter, mein zweiter Gedanke. Ich greife also zum guten alten, klassischen Duden, natürlich in der aktuellen 24. Ausgabe. Dort werde ich auch im vorderen Teil mit den Ortographieregeln fündig; Regel K108 ist wohl zuständig, sie lautet:

„Mehrteilige Datums- und Zeitangaben gliedert man durch Kommas. Man kann diese Angaben als Aufzählungen oder als Fügungen mit Beisatz auffassen; deshalb ist das letzte (schließende) Komma vor der Weiterführung des Satzes freigestellt <§77(3)>.“ (Duden Bd. 1, Die Deutsche Rechtschreibung, 24. Aufl, S. 75)

Also geht mal wieder beides – doch halt, ein genauerer Blick auf die beigefügten Beispiele weckt neue Zweifel: Dort steht die Datumsangabe ja mit Dativ. Wie denn nun? Irgendwie scheint es sich doch um einen zweifelhaften Fall zu handeln. Also flugs zum Duden Nr. 9 „Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle“ gegriffen, der sich genau mit dergleichen beschäftigt. Was finde ich dort? Unter Montag werde ich zunächst auf Dienstag und dann auf Datum verwiesen und dort lese ich:

„[…] Bei einer Datumsangabe im Akkusativ (ohne am) kann der Monat ein Komma ( = Aufzählung) oder zwei Kommas ( = Apposition) aufweisen […]. Steht der Wochentag im Dativ (mit am), dann wird die Monatsangabe gewöhnlich durch zwei Kommas abgetrennt, wenn sie ebenfalls in diesem Kasus steht ( = Apposition); nach den neuen Regeln zur Zeichensetzung kann allerdings das schließende Komma auch in diesen Fällen entfallen. Wird die Monatsangabe als Aufzählungsglied im Akkusativ angegeben, setzt man nur ein Komma. […]“ (Duden, Bd. 9, Richtiges und gutes Deutsch, Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle, S. 218)


Mit dem Akkusativ zähle ich also auf, interessant, das war mir bislang nie so bewusst gewesen, klingt aber logisch, so logisch wie es auch ist, eine Apposition (also Beifügung) im Satz beiderseits durch Kommas abzutrennen. Als stilistischer Traditionalist gebe ich dem Akkusativ natürlich sofort den Vorzug, zähle lieber auf und lasse den Dativ fahren. Das erspart mir auch die Qual der Wahl, da Duden 9 im Falle des Akkusativs recht deutlich nahelegt, auf das abschließende Komma zu verzichten, auch wenn Duden 1 bei genauerem Hinsehen nach der neuesten Regel auch hier die Wahl lässt.

Im Grunde meines Deutschlehrerherzens tief befriedigt schließe ich die beiden Bände und stelle sie wieder ins Regal zurück. Zumindest in diesem Fall lag ich mit meiner Intuition richtig. Ach, wenn es doch nur immer so leicht ginge im Leben.

Verwendete Literatur

  • Dudenredaktion (Hg.): Duden, Bd. 1: Die deutsche Rechtschreibung, – 24., völlig neu bearb. u. erw. Aufl., Mannheim; Leipzig; Wien; Zürich 2007.
  • Dudenredaktion (Hg.): Duden, Bd. 9: Richtiges und gutes Deutsch, Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle, – überarb. 5. Aufl., Mannheim; Leipzig; Wien; Zürich 2007.
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Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau, arbeitet am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.

1 Kommentar

  1. „Gefühlsmäßige Zeichensetzung“ – Klappt meistens ganz gut, auch im Abitur. =)

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