Die Ruinen des antiken Naxos

Blütengesäumter Pfad durch den archäologischen Park von Naxos (Foto: Martin Dühning)
Blütengesäumter Pfad durch den archäologischen Park von Naxos (Foto: Martin Dühning)

2417 Jahre ist es nun her, seit der berüchtigte Tyrann Dionysios I. die griechische Kolonie Naxos in Ostsizilien zerstören ließ. Von der 735 v. Chr. gegründeten antiken Stadt stehen heute nur noch ruinierte Grundmauern, gut versteckt in einem idyllisch verwucherten Garten.

Wer „Naxos“ hört, denkt heute zuallererst an die große Kykladeninsel. Doch in der griechischen Antike schrieb auch die kleine sizilianisch-griechische Kolonie Geschichte. Selbst wohl von Kolonisten aus Chalkis gegründet, als erste aller griechischen Kolonien auf Sizilien, war Naxos Mutter anderer späterer Gründungen wie Katane, Leontinoi und vielleicht sogar Zankle. Am epischen Kampf zwischen Sparta und Athen nahm die Stadt Naxos auf Seiten Athens teil, was letztlich auch ihr Verderben war, denn Syrakus rächte sich – und auch dafür, dass sich die Stadt nicht Dionysios I. unterwerfen wollte – mit deren vollständiger Zerstörung. Indirekt wurde Naxos damit aber auch zur Keimzelle des späteren Taormina, denn Flüchtlinge siedelten in die benachbarte sikelische Gründung Tauromenion über, die ihre erste Blüte allerdings viel später, zu Römerzeiten erlebte.

Blick auf die Bucht von Naxos mit dem heutigen Badeort Giardini Naxos und Taormina (Foto: Martin Dühning)
Blick auf die Bucht von Naxos (beim Haupteingang des archäologischen Parks) mit dem heutigen Badeort Giardini Naxos und Taormina in den Wolken (Foto: Martin Dühning)

Von alledem ist im heutigen Giardini Naxos das meiste nur noch zu erahnen. Zwar sind die Hotelbauten und auch manches Element des sizilianischen Badeorts von heute bewusst griechisierend gestaltet, doch monumentale Ruinen, wie sie heute noch in Syrakus, Segesta oder Selinunt zu bestaunen sind, sucht man in Naxos vergebens. Kein Tempel erhebt sich mehr, keine Säule steht mehr neben der anderen, zu gründlich wurde die Stadt 403 v. Chr. zerstört. Und doch, verborgen in einem idyllischen Gartenareal auf der Halbinsel Schiso findet man heute noch umfangreiche Grundmauern, welche im 20. Jahrhundert bei Ausgrabungen zutage gefördert wurden: Steinreste aus schwarzem Basalt in einem großflächigen Areal, das aber inzwischen meist wieder zugewachsen ist.

Blütengesäumter Pfad durch den archäologischen Park von Naxos (Foto: Martin Dühning)
Blütengesäumter Pfad durch den archäologischen Park von Naxos (Foto: Martin Dühning)

Gerade deshalb ist der verwildete große Park jedoch schon aus botanischer Perspektive einen Besuch wert: Zitronen, Mandarinen, Orangenbäume wachsen darin, Feigen, Oliven, aber auch Kaktusfeigen und die speziell in Sizilien sehr beliebten „japanischen Wollmispeln“, dort einfach „Mespolo“ genannt, eine Frucht, die man in nördlichen Breiten nur selten sieht. Besonders im Frühling ist der Garten auch ein Blütenmeer mit Blumen aller Arten.

Blütengesäumter Pfad durch den archäologischen Park von Naxos (Foto: Martin Dühning)
Blütengesäumter Pfad durch den archäologischen Park von Naxos (Foto: Martin Dühning)
Orangenblüten (Foto: Martin Dühning)
Orangenblüten (Foto: Martin Dühning)
Früchte der japanischen Wollmispel, in Sizilien einfach "Mespolo" genannt (Foto: Martin Dühning)
Früchte der japanischen Wollmispel, in Sizilien einfach „Mespolo“ genannt (Foto: Martin Dühning)
Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn? - Zitronenblüten in den Ruinen des antiken Naxos (Foto: Martin Dühning)
Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn? – Zitronenblüten in den Ruinen des antiken Naxos (Foto: Martin Dühning)

Das zum archäologischen Park gehörige Museum ist durchaus größer, als der Reiseführer einem zunächst glauben macht. Es besteht aus zwei Gebäuden: einem zweistöckigen Ausstellungsraum, in dem man Keramiken, meist Grabbeigaben betrachten kann und einiges zur Geschichte der Ausgrabungen, und einem separierten Bau, in welchem Amphoren und Steinanker ausgestellt sind, die man im ehemaligen Hafen in der Buch von Giardini Naxos gefunden hat.

Reste der nordwestlichen Stadtmauer des antiken Naxos (Foto: Martin Dühning)
Reste der nordwestlichen Stadtmauer des antiken Naxos (Foto: Martin Dühning)
Reste eines antik-griechischen Wohnhauses, umgeben von Olivenbäumen und Palmen (Foto: Martin Dühning)
Reste eines antik-griechischen Wohnhauses, umgeben von Olivenbäumen und Palmen (Foto: Martin Dühning)
Wildes Getreide in den Ruinenfeldern (Foto: Martin Dühning)
Wildes Getreide in den Ruinenfeldern (Foto: Martin Dühning)
Zweige eines Feigenbaumes (Foto: Martin Dühning)
Zweige eines Feigenbaumes (Foto: Martin Dühning)

Da das Areal mit dem archäologischen Park sehr weiträumig ist, kann es in der Hauptsaison über mehrere Eingänge betreten werden. Im April allerdings ist meist nur der Haupteingang geöffnet, den man beim Hafenkai von Giardini Naxos findet. Der Eintritt ist mit je einem Euro für Park und Museum für italienische Verhältnisse moderat.

Blühende Distel in den Ruinen von Naxos - im Hintergrund: Taormina (Foto: Martin Dühning)
Blühende Distel in den Ruinen von Naxos – im Hintergrund: Taormina (Foto: Martin Dühning)

Aber wie gesagt, von einem wirklich prächtigen Garten abgesehen sind von der einstigen Stadt nur Grundmauern übrig, allerdings lässt sich auch mit ihnen erahnen, wie groß die Kolonie damals war – besonders mit Blick auf Meer, Ätna und die Steilküste von Taormina, in welch geradezu mythisch anmutender Landschaft sich befunden haben muss.

Hommage an die griechische Antike - blaue Nymphe an der Promenade von Giardini Naxos (Foto: Martin Dühning)
Hommage an die griechische Antike – blaue Nymphe an der modernen Promenade von Giardini Naxos (Foto: Martin Dühning)

Stellt man sich zu den dunkelgrauen Mauern darüber noch die typisch weiß-bunten griechischen Häuser vor (das Museum gibt dafür mit einem Wandfries mit typischem Medusenmotiv ein Beispiel), dann kann man Hephaistos auf dem Vulkan fast hämmern hören und wenn im Hafen eine griechische Nymphe dem Ufer entsteigen würde, wäre dies auch nicht weiter verwunderlich…

Über Martin Dühning 1435 Artikel
Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau, arbeitet am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.