Mode ist weiblich, nicht männlich

Nicht erst durch modebewusste Kolleginnen bei der Arbeit oder durch Konsumwerbespielchen wie „Die Sims“ fiel mir auf, wie viel schöne, stilistisch unterscheidbare, farblich und stofflich ansprechende Kleidung es doch für Frauen gibt. Kein Wunder, dass Shopping für eine ganze Reihe gendergläubiger Damen tatsächlich ein Muss ist – ist es ja doch auch interessant, teils sogar ein Erlebnis! Auch ein Blick in einen Versandhauskatalog gestaltet sich für die weibliche Seite höchst unterhaltsam. Für Männer dagegen ist die Auswahl dürftig bis beschränkt und oft schlicht nur deshalb kurzweilig, weil es einfach viel zu wenig Auswahl gibt, um überhaupt langweilen zu können.

Dies fängt schon bei den Farben an, die das ganze Jahr hindurch zwischen mausgrau, schwarz-weiß und allerlei Schmuddeltönen changieren – ja als Mann muss man Farben und Muster tragen, welche wirken, als hätte man das Kleidungsstück  vorab mindestens dreimal im Dreck umhergewälzt, sodass die ursprünglich angepeilte Colorierung allerhöchstens noch erahnbar ist. Alternativ bleiben dem Mann von heute nur Schockfarben, die, wenn sie nicht sofort zur geschmacklichen Erblindung führen, stark an Rettungsdienst oder Müllabfuhr erinnern (wo sie auch hingehören). Und stilistisch hat Mann letztlich auch nur die Wahl zwischen den drei Hauptrichtungen „postpubertärer Schlamper“, „Möchtegern-Workoholic“ und „overdresster Wichtigtuer“.

Die weibliche Seite dagegen kann in allen Lebenssituationen mit einer unglaublich universellen Auswahl aus allen Kleidungsstilen der zweitausendjährigen weltweiten Modegeschichte glänzen, männlichen wie weiblichen Stilformen, in allen denkbaren Musterungen und Schattierungen, denn erlaubt ist hier, was gefällt. Das Diktat der Mode besteht, wenn man ehrlich ist, weniger darin, was Frau kaufen soll, als darin, was im eigenen Umkreis gerade angesagt ist – und selbst da besteht dann noch mehr Auswahl als für Männer überhaupt Angebote auf dem Markt sind.

Nun gut, könnte man sagen, die Männerwelt ist ohnehin farbenblind und modisch desinteressiert – was allerdings auch kein Wunder ist bei dem Sortiment, was sich von der Wiege bis zur Bahre kontinuierlich durch fade Fantasielosigkeit auszeichnet. Immerhin war das in der Geschichte nicht immer so, aber zumindest den europäischen Modedesignern sind Mitte des 20. Jahrhunderts, was Männer anbetrifft, offensichtlich irgendwie sämtliche Kreativideen abhanden gekommen.

Es wäre wirklich Zeit, dass sich hier mal etwas ändert! Womöglich würde sich der Blick auf andere Kulturen lohnen, denn nicht überall sind Männer gezwungen, modisch auszusetzen. Es muss ja nicht gleich Pfauenoptik dabei herauskommen.

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Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau, arbeitet am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.