Nichts zu lachen am KGT…

Wir leben in scheinbar blühenden, aktiven Zeiten am Klettgau-Gymnasium. Theater gibt es viel, auch viel Musik, viel Austausch, viel Sozialaktionen und neuerdings auch wieder deutlicher bildende Kunst, aber der Humor schwindet dabei zusehens, Komödien werden ja schon lange nicht mehr gespielt. Mit Ibsen steht immerhin wieder einmal ein echter Klassiker, durchaus auch sternchenthemenkompatibel, mit Hänsel und Gretel eine prominente Märchenoper auf der Bühne, es gibt nun statt Profilwochen und Projekttagen die ganz neuen Thementage und noch vieles, vieles mehr, wie der dankbar-füllige KGT-Terminkalender verrät.

Ja, selbst an den Wochenenden und nachts ist fast immer was los. Doch eine Zeit für stille Töne oder mußevolle Kunst um ihrer selbst willen, die findet sich innerhalb die Schulgeländes nicht, noch nicht, vielleicht auch nie mehr. Schlaf oder Pausen scheinen die Akteure am KGT weiterhin nicht zu brauchen.

Es wird geklotzt und nicht gekleckert. Mit großen Aktionen, wo man sich nur wundert, wo all die Kraft herkommen soll in Zeiten des Doppelabiturs, werden weniger offene Akzente als vollendete Tatsachen geschaffen – oder man versucht es zumindest. Denn ob’s so gelingen kann, ist fraglich. Für zartbesaitete Diplomaten hat man dagegen wenig übrig. Leider auch nicht für stille Arbeiter, die das alles letztlich schultern müssen, die breite Masse, die solide, aber leider nicht „kreativ genug“ ist. Sie wird bestenfalls ignoriert, häufig schon zurecht gebogen. Ja, teils hat man durchaus das Gefühl, dass längst ein Erbfolgekrieg um Pfründe ausgebrochen ist, die doch erst in einigen Jahren, wenn die Schulleitung doppelt wechselt, zu vergeben sind, wenn überhaupt. In der unausgesprochenen Angst vor den „diktatorischen Zuständen“ im Waldshuter Nachbargymnasium führt man ganz intuitiv das herbei, was man doch eigentlich vermeiden will, eilig-herrscherliche Strukturen und ein davon überlastetes und sich zunehmend zurückziehendes oder egoistischer agierendes Kollegium. Nicht immer ist es Eigennutz, teils ist es blanker Selbstschutz.

Man könnte sich da ja fragen, ob eine Schulpolitik nur einen Hauch von zukunftssicher ist, wenn sie blindlings davon ausgeht, dass die Dinge immer optimal bleiben werden, wie sie es jetzt gerade im Moment offensichtlich sind, wo sich die Verhältnisse doch schon in den letzten Jahren so massiv geändert haben.

Wenn nicht klar ist, wie sich Dinge künftig entwickeln werden oder wenn gar kaum zu erwarten ist, dass es noch sehr viel mehr Spielraum geben wird, müsste man dann nicht vielmehr Freiräume schaffen für Kräftereserven (und zwar zeitliche, nicht bloß räumliche!), damit man welche hat, wenn sie nötig werden, was doch mehr als wahrscheinlich ist?

Wenn man Leute in Zeiten, wo die lehrerliche Hauptarbeit eigentlich voll und ganz auslastet, auf immer mehr Baustellen arbeiten lässt, muss man sich dann wundern, wenn die Lust allgemein hinschwindet, dass man die Leute immer mehr schieben muss, weil niemand, auch keine noch so perfekten Lehrkräfte oder Schüler, rund um die Uhr von allem aktiv begeistert sein können? Bei manchen Dingen hat man auch nicht unbedingt das Gefühl, dass sie wirklich „erdbebensicher“ konzipiert sind oder muss sogar Angst haben, dass man später von eventuellen Trümmern gleich miterschlagen wird.

Man könnte, was aber zweifellos viel böses Blut geben würde, mal eine Liste von Prioritäten für die nächsten zwei Jahre setzen, statt alles mal so „experimentell“ durchzuprobieren, Ressourcenkonflikte einfach zu ignorieren und letztlich sehr kaltherzig „das Gesetz der Selektion“ entscheiden zu lassen. „Survival of the fittest“ mag zwar eine fachgerechte Erklärung biologischer Abläufe sein, aber moralisch sind ihre Ergebnisse selten, zwischenmenschlich wirkt das, zum inoffiziellen Leitmotiv erhoben, schlechthin fatal und die damit verbundenen selektiven Verluste können wir uns schlichtweg nicht leisten!

Das wissen viele Schüler und eine Menge Lehrer am KGT, vermeiden daher in der Regel auch öffentliche Kritik, halten sich im Zweifelsfall einfach zurück und agieren zunehmend abwartend. Alle wollen doch überleben. Wer wollte sich darüber beklagen? Ich fürchte aber, die Enttäuschung bei den vielen Einzelakteuren wird trotzdem groß sein und die eigentliche Ursache für die schon jetzt oft beklagte fehlende Resonanz wird weiter verdrängt werden.

Über Martin Dühning 1420 Artikel
Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau, arbeitet am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.