Die Reise nach Czołpino in den Slowinzischen Nationalpark erwies sich im Nachhinein als das schönste Ziel innerhalb unserer Polenreise. Dabei entschieden wir uns dafür eher spontan, nachdem uns die Autovermittlerin vom üblicherweise überrannten Touristenziel Leba abgeraten hatte.
Nicht, dass wir uns falsch verstehen, Meeresstrand und Dünenlandschaften waren von vornherein mit eingeplant. Aber eben nicht genau das hübsche Czołpino, was wir eben deshalb für unseren Ausflug am 14. August 2016 heraussuchten, weil hier Meeresstrand, Dünen und ein Leuchtturm zusammenkommen, fast wie bei Stilo, nur wahrscheinlich eben mit weniger Touristen.
Zwischen uns und dem Meer standen allerdings noch etwa 142 km polnische Landstraßen, und es ist vielleicht sinnvoll zu erwähnen, dass polnische Landstraßen an sich schon ein Erlebnis sind.
Nicht nur, dass man selbst mitten in der Metropole Danzig recht häufig per Warnschild auf möglichen Wildwechsel auf der Fahrbahn hingewiesen wird (polnische Urwälder sind fast überall in Reichweite), selbst auf Hauptverkehrsrouten muss man sich bisweilen darauf einstellen, dass der Straßenbelag von Teer, Betonplatten bis zu altgediegenem Kopfsteinpflaster alles aufzubieten hat, was ein Ralleyfan liebt. Und viele Leute in Polen fahren auch so und brettern drauf los, dass man sich nur wundern kann, wie schnell mancher mit handelsüblichen Kleinwagen auf Steinpflaster fahren kann, ohne einen Achsenbruch zu erleiden!
Sollte man, was einem Fotoamateur bisweilen in den Sinn kommt, gar auf die Idee kommen, von den Hauptverkehrswegen auf kleine Pfade auszuweichen, muss man damit rechnen, dass der Weg dann nur noch aus Sand besteht. Insofern ist für so etwas ein Jeep vielleicht passender, oder wenigstens ein SUV – so robust unser kleiner Renault Clio auch war, wir nahmen schnell von der Idee abstand, ihn für solche Ralleystrecken zu benutzen. Fotografisch bedeutet das allerdings, dass allzu romantische Motive uns verschlossen blieben, denn polnische Straßen sind dicht mit Bäumen gesäumt, verfügen auch selten über Standstreifen zum Parken und die meisten der vielen Seen sind hinter Böschungen gut versteckt oder ohnehin eingezäunt, da Privatbesitz.
Trotzdem, auch vom Auto aus gab es viel zu Bestaunen auf dem langen Weg durch die Kaschubei nach Slowinzien. Zudem kam man nicht so schnell voran bei diesen Straßenverhältnissen, daher bot sich so manches Motiv. Als wir unser Ziel dann am späten Nachmittag aber erreichten, hatten wir ohnehin genug zu fotografieren, denn der Slowinzische Nationalpark ist auf jeden Fall eine Reise wert.
Etwas überraschend war, dass wir, nachdem wir langezeit verloren durch einsame Landschaften fuhren, plötzlich mitten im Wald einen bewachten und kostenpflichtigen Parkplatz vorfanden, der von uns das übliche Eintrittsgeld entgegennahm. Dafür wurden wir dann allerdings mit vielfältig romantischen Motiven und einer traumhaft schönen, kilometerweit unberührten Ostseeküste belohnt. Und obwohl das Wetter auch an diesem Tag nicht unbedingt badetauglich war und zudem ein recht starker Wind bließ, kam wirklich Urlaubsfeeling auf.
Vor dem Meer kam allerdings noch ein Küstenwald voller Kiefern, Pilz und Moos, daraufhin ging die Landschaft unvermittelt in eine Sandwüste über – die berühmten Wanderdünen des slowinzischen Nationalparks.
Nach einer gefühlt endlosen Wanderung durch den Sand kam dann, endlich, das Meer! Und was für eines! Anders als ihre Kollegin, die raue Nordsee, ist die Ostsee viel weniger launisch, macht sich bei Ebbe auch nicht ganz aus dem Staub und das Wasser war kaum salzig und sommerlich lau.
So schlenderten wir eine ganze Weile am Strand entlang, fotografierten Sand, Steine und Treibholz, bevor wir uns – leider – wieder landeinwärts wenden mussten um zum Höhepunkt des Tagesausflugs zu kommen: Dem Leuchtturm von Czołpino. Dieser lag erstaunlich weit landeinwärts, inmitten eines unwirklich grünen Waldes und überragte diesen, um einen atemberaubenden Blick auf den Nationalpark freizugeben.
Nachdem wir uns sattgesehen hatten, wanderten wir dann wieder zurück zu unserem Auto, denn es dämmerte bereits und wir hatten noch eine lange Heimfahrt zurück nach Danzig vor uns – und polnische Straßen und Ortschaften sind üblicherweise übrigens nachts nicht beleuchtet.
Als wir schließlich nach langer Rückfahrt in Danzig ankamen, war es schon mitten in der Nacht. Am nächsten Tag würden wir die Kaschubische Schweiz besuchen…