Fitzliputz

Fitzliputz auf der Bühne in Oberlauchringen (Foto: unbekannt)
Fitzliputz auf der Bühne in Oberlauchringen (Foto: unbekannt)

„Kinder, im Brunnen ist auch kein Wasser mehr!“ – das ist ein Satz, wie er gerade auch heute wieder aktuell ist, leider. Und es scheint, als wenn das Kindertheaterstück von 1984 prophetisch den Klimawandel vorhergesagt hat.

Von meiner Grundschulzeit in Oberlauchringen 1981-1985 ist nicht mehr viel geblieben bis auf einige frühe Gemälde und viele Ideen und Inspirationen, die mir mein einstiger Klassenlehrer Christian Wirth mit auf den Lebensweg gegeben hat. Wir hatten ihn damals vier Schuljahre lang und diese Zeitspanne wurde von ihm nicht nur mit Grundwissen gefüllt, oder Methoden und Kompetenzen, sondern auch mit Heimatkunde und (Kinder)-Literatur sowie der Liebe zur Kultur. Seine lebendigen Erzählungen und seine raffinierten Ideen (wie z. B.  der Tintenkobold) sind mir bleibend in Erinnerung geblieben, ebenso die lebendigen Vorträge zu „Krabat“, „Räuber Hotzenplotz“ oder „Der Ameisenbaum“.

Im Jahr 1984 oder 1985 – ich weiß es nicht mehr genau – gestalteten wir ein Klassentheaterstück für die Abschlussfeier am Schuljahresende, es trug den Titel „Fitzliputz“ und war (vermute ich) eine sehr freie Musicaladaption des Stücks „Stoffel und die Wassernixe“. Jeder aus der Klasse war beteiligt, entweder im Grundschul-Orff-Orchester, bei der Requisite oder als Schauspieler. Die kompletten Bühnenbilder malten wir im Kunstunterricht, zunächst als A3-Gemälde (meinen „Sonnenblumen am Gartenzaun“-Entwurf besitze ich sogar noch). Dann, nachdem die besten Bilder aus der Klasse ausgewählt worden waren, wurde das Bühnenbild mithilfe eines Tageslichtprojektors auf eine große Pappleinwand projiziert und abgemalt. Es entstand einmal ein hübsches Traumhaus mit Bauerngarten, so wie es sie damals tatsächlich auch noch in Oberlauchringen gab und zum Zweiten eine Wiesenpastorale, so wie sie an einigen, wenigen Stellen in Oberlauchringen sogar heute noch existiert – dort, wo noch nicht alles zugebaut ist.

Wie das Stück genau ausging, außer, dass es ein Happy End gab, daran kann ich mich nicht mehr entsinnen. An eine Wassernixe erinnere ich mich allerdings nicht, wohl aber an den Feuerteufel Fitzliputz, den eine Klassenkameradin recht gekonnt wilde in Szene setzte. Ich selbst (und es war eine meiner wenigen Hauptrollen) spielte den Kasperl, und weil es ein Musical war, gab es auch Gesangseinlagen, beispielsweise das Volkslied „Will ich in mein Gärtlein gehen“ in einer gekürzten Variante.

Kasperle triff den Feuerteufel Fitzliputz (Foto: unbekannt)
Kasperle triff den Feuerteufel Fitzliputz (Foto: unbekannt)

Die Handlung des Stücks ist schnell erzählt: Die Sonne brennt, es ist heiß und trocken und Großmutters Garten droht zu verdorren. Denn selbst im Brunnen ist kein Wasser mehr, wofür der Feuerteufel Fitzliputz die Verantwortung trägt, denn er ließ die Quellen versiegen. Wahrscheinlich wäre mir der Satz „im Brunnen ist auch kein Wasser mehr“ nicht so in Erinnerung geblieben, wäre da nicht die Sache mit dem Brunnen gewesen, den der Regisseur damals von der Bühnenmitte spontan an den Rand verfrachten ließ, was den gewissenhaften Kasperle veranlasste, den Brunnen (bzw. die Requisite) während des Theaterstücks einfach wieder in die Mitte der Bühne zu schieben, was wirklich ein bemerkenswert komischer Moment war und ein unfreiwilliger Lacher für das ganze Publikum.

Schlussszene des Theaterstücks "Fitzliputz" in Oberlauchringen 1984/1985 (Foto: unbekannt)
Schlussszene des Theaterstücks „Fitzliputz“ in Oberlauchringen 1984/1985 (Foto: unbekannt)

Es war nicht das letzte Theaterstück, bei dem ich mit Christian Wirth zusammenarbeiten durfte, denn über die Kinderkantorei Waldshut unter Kantorin Trude Klein folgten noch viele weitere Stücke, wo er oft das Bühnenbild mitgestaltete und schauspielerische Tipps gab. Allerdings erwies sich keines der dortigen Stücke als klimatechnisch so visionär, denn heute, 35 Jahre später, scheint es tatsächlich ein Feuerteufel auf Oberlauchringen abgesehen zu haben und schon im dritten Jahr infolge vertrocknet hier alles, da es kaum regnet. Und deshalb ist nun tatsächlich auch kein Wasser mehr zum Gießen da.

1985 wurde der Feuerteufel Fitzliputz besiegt, es gab ein Happy End. Ob es auch 2020 ein Happy End oder wenigstens eine Happy Wende gibt, ist noch dahingestellt. Den Kasperle gibt es noch, wenn er auch alt geworden ist und viel weniger lustig als früher. Die Großmutter aber ist nicht mehr und ob die heimischen Quellen wieder sprudeln werden, so wie vor 35 Jahren, das ist noch offen.

Naja, vielleicht kommt ja wenigstens ein bisschen Regensegen von oben…

Über Martin Dühning 1518 Artikel
Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.