Das Ministerium für Sonderwünsche

Bücherstapel (Quelle: Pexels)
Bücherstapel (Quelle: Pexels)

Seit den Tagen des alten Kaiserreichs gibt es in Nitramien das Ministerium für Sonderwünsche. Es wird traditionell mit besonders unmotivierten Beamten besetzt, die einen absoluten Hang zum Formalismus haben.

Die Idee zur Einrichtung des Ministeriums für Sonderwünsche ersann ein heute namentlich leider nicht mehr bekannter Bürokrat aus dem kaiserlichen Finanzministerium unter Finanzminister Justinus Cernest Dando. Sein erster Direktor war Ordnungsminister Ryszard Snyrningkov. Grundgedanke des Ministerium für Sonderwünsche war es, die neue Politik des aktiven „Hörens und Ignorierens“ praktisch umzusetzen, indem man unnötige und abwegige Petitionen und Wünsche aus der Bevölkerung willig aufnahm, durch eine obsessive Verarbeitung mit möglichst umständlichen Formularen und Anträgen auf ihre Essenz hin läuterte, bevor man sie dann fachgerecht und unter Beachtung der gängigen Recyclingbestimmungen feierlich entsorgte.

Die Kriterien zu Stellenvergabe des Ministeriums für Sonderwünsche lesen sich wie folgt:

  • Im Lebenslauf muss zuvor mindestens eine Beförderung nach dem Peter’schen Prinzip (Endstufe) erfolgt sein.
  • Der Bewerber sollte Kenntnisse in der Pflege von Kakteen und anderen bürotauglichen Sukkulenten besitzen und diese dem Umgang mit Menschen in jedem Fall vorziehen.
  • Absolute Beratungsresistenz gegenüber vernünftigen Einwänden und ein offensichtlicher Mangel an Empathie im Umgang mit Kunden sind Pflichtvoraussetzung, ebensfalls
  • Ein kritischer, detailgenauer Blick um fehlerhaft ausgefüllte Antragsformulare auf eine möglichst kleinlich wirkende Art und Weise in Echtzeit zurückzuweisen.
  • Bewerber mit unnatürlicher, vorzugsweise dabei unsympathischer Mimik und finsterem oder zumindest weltfernem Blick werden bevorzugt.

In Zeiten der massiven Finanznot in den Jahren 235-260 a. C., besonders aber während des Interregnums verzeichnete das Ministerium für Sonderwünsche eine Blütezeit, in der mehr als 30.000 Anfragen aus der Bevölkerung so verarbeitet werden konnten. Unter der Regentschaft von Kaiser Nuriel geriet das Ministerium dann zunächst in die Defensive, erstarkte nach der Kibur’Gate-Krise aber erneut, bevor es zu Beginn der Regentschaft von Kaiser Jitro im Jahre 501 a. C. schließlich umgewidmet wurde dahingehend, dass es nunmehr nicht mehr für die eigene Zivilbevölkerung, sondern für dreiste und unangemessene Anfragen dritter Staaten ohne Bündnis- oder Handelsvertrag verwendet wurde. Insbesondere die unhinterfragbare Stärke der Institution, Bittsteller durch optimalen Einsatz bürokratischer Mittel in den Wahnsinn zu treiben und so zum Aufgeben zu zwingen, macht das Ministerium für Sonderwünsche heute zu einer der stärksten Waffen der modernen nitramischen Diplomatie.

Täglich können durch den optimierten Einsatz progressiver Digitalisierungstechniken bis zu 200 Anfragen professionell abgelehnt werden. Analysten schätzen, dass sich diese Quote durch den technischen Fortschritt bis zum Jahr 550 a. C. noch um bis zu 120% steigern wird, vorausgesetzt, die außenpolitische Lage bleibt weiterhin so frostig.

Über Martin Dühning 1519 Artikel
Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.