Schriftstellerische Ambitionen

Mit dem zwölfseitigen EXTRAblatt zur Mensa hat die erste Gazetta der Schülerzeitung Phoenix ihren Weg auch als rein elektronische Minizeitung ins Web gefunden. Ob sie den gleichen Anklang finden wird, wie seinerzeit vor einem Jahr der Anastratin Kurier, muss sich noch zeigen.

Titelblatt des Phoenix Extrablattes zur Mensa, April 2013
Titelblatt des Phoenix Extrablattes zur Mensa, April 2013

Digital ist das EXTRAblatt noch erhältlich, die gedruckten Exemplare waren jedenfalls schon gleich vergriffen. Ob es daran lag, dass es sie (in Absprache mit der Schulleitung) umsonst gab oder ob wirklich so viele neugierig waren darauf, wie die neue Mensa am KGT von innen aussieht, ist ungeklärt. Es soll sogar vorgekommen sein, dass Lehrern ihre Freiexemplare aus ihren Fächern geklaut wurden. Immerhin macht die exklusive Fotoreportage der Schülerzeitungsredakteurinnen mit Schulleiter Bernd Crößmann aber doch auch optisch einiges her. Vielleicht schafft sie es auch in das nächste Jahrbuch.

Was der aktuellen Gazetta allerdings im Vergleich mit dem immer noch nachgefragten Anastratin Kurier 02/2012 und 03/2012 vom Vorjahr noch fehlt, ist ein wenig mehr layouttechnische Raffinesse (optimale inhaltliche Dichte bei gleichzeitiger optischer Harmonie) und die typische Ironie. Layout und Typografie sind eine Frage der Übung, die jungen Phoenixer werden lernen, gewisse Löcher auf den Seiten zu füllen. Inhalte, Infos wie auch literarische Kleinarbeiten, werden sich finden. Was letztere angeht, scheint das Niarts-Langzeitprojekt, die traditionelle feine Ironie am KGT zu erhalten, verloren zu gehen. Wir schreiben heute den 94. Tag vor dem vorläufigen Ende des Pressemandates von Martin Dühning am KGT, und es ist weiterhin kein einziger Lehrer mit schriftstellerischer Ironiefähigkeit in Sicht, der die KGT-Presse übernehmen könnte. Überhaupt ist nicht mehr viel mit stilvoll-lustig am KGT, die meisten humorvollen Charakterköpfe – sowohl bei Lehrkräften als auch bei Schülern – haben die Schule längst verlassen.

Woran das liegt? Humor braucht charakterliche Reife. Der drastische Generationenwechsel und die permanent oktroierten Schulreformen und Laufzeitverkürzungen haben dem nicht gut getan. Wenn alles immer schneller und jünger werden muss, bleiben Humor und feine Ironie allenfalls noch den schriftstellerischen Genies vorbehalten. Was für ein Glück für die Schülerzeitung Phoenix, dass einige ihrer derzeitigen Mitglieder dazu durchaus Potenzial haben, was sie freilich erst noch entfalten müssen, damit es wirkt.

Was dagegen die kleine Welt von Nitramica Arts angeht, bleibt der Status Quo auch ohne KGT erst einmal erhalten. Freilich wird sich die erste große Druckausgabe der Niarts Anastratin wiederum verschieben, da noch nicht genug Artikel für eine Steampunk-Ausgabe zusammen gekommen sind. Langsam dämmert mir, dass es vielleicht klüger gewesen wäre, die Ausgabe zum Thema „Träume“ vorzuziehen. Darin hätten einige Reflexionen zu luziden Träumen, dem Thema Tod oder auch allerlei lyrisch Verträumtes Platz gefunden. Mehr und mehr zeichnet sich ab, dass der Druck vor Start des Sabbatjahres nicht mehr gelingen wird.

Der schnöde Alltag fordert seinen Tribut.

 

Über Martin Dühning 1520 Artikel
Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.