Gedichte im Herbst

Purpurkosmee im Abendlicht (Foto: Martin Dühning)
Purpurkosmee im Abendlicht (Foto: Martin Dühning)

Noch glänzt die Sonne golden fort, und während die Stille hinzieht, kann man noch etwas poetisch sprechen.

Cosmos

Ich seh dein kleines Köpfchen gerne schwanken
Im lieben Wind und von der Sonne sanftem Singen
Geküsst zu neuer Blüte, ungeahnter Farben
Gedrängtes Prangen an dem leichten Zweige.
Mit filigranen Blättchen wiegst du mir mein Leiden
In Schlaf, wo ich dann sanft kann ruhen.

Viel mehr als Träume sind mir nicht geblieben,
Die du mit rosa Lächeln über Tag zurückrufst,
Geh ich im Herbstwind und in Abends kühler Brise
Im Garten ein und aus, und würd‘ verweilen,
Falls die Gestade gastlicher noch wären, als sie sind.

Doch bin ich fremd geworden dieser Erde,
Und selbst dein friedensschöner Gruß scheint mir zu vage,
Als dass er EINES Frostes strenge Kälte würd‘ überstehn:
Ich kann die Schönheit warmer Tage nicht mehr sehn,
Und auch den Sommer nicht mehr fühlen.

So geh ich hin, auf kahler Straßen Bahn,
Will nicht verweilen, denk mir deine Blüte
Im Anderland, auf dass ein andrer Juni
Mir wieder grüne Freude gäbe,
Wenn er wäre…

* * *

Für Dich, Salome

Du bist die Allerschönste dieser Welt,
Und keine Andere hat deine Seele,
Und jeden Tag, so ganz allein,
Hoffe ich mehr, dass ich Dir fehle.

Was mach ich, wenn Dein milder Blick
Und Deine Guten Worte schweigen?
Kein noch so schöner Anblick
kann mir zeigen,
Was Du in unsren Stunden mir verglückt.

Wir hatten allzu viel geplant,
jeder für sich,
Und manches Glück
ist uns im Stress entglitten,
Wir haben nie darum gestritten,
Wir haben es nur bitter abgenickt.

Und doch blieb einiges,
Was niemals schwindet,
Gedanken, Fühlen und gelebtes Beben:
Wie Gold, wie Sterne sind dann meine Sinne,
Und nicht wie Stroh,
das meinen Alltag eben
Nurmehr noch schmückt,

Du bist so einzigartig,
Machst mit froh,
verrückt
und eingekerkert –
Tief, in meinen dunklen Stunden:
Es ist spät. Du fehlst.

Ich hätte Dir die halbe Welt
geschenkt,
Doch Du hast nicht darum gebeten,
Und oft nur still in uns hineingedacht,
Hast Du, hab ich,
was wir für uns empfunden.

Solange Sonne schien, war das genug,
Und seit die Nacht kam, hab ich nur geweint,
Um Dich, um mich, um alles,
hoffe jeden Tag,
Dass wir uns fehlen.

Und doch: So lange Leben in mir ist,
Will ich Dich mögen, nun dann halt allein,
Dann, wenn die große Sonne scheint,
Und auch in meiner dunklen Stunden Pein,

Und wenn Du meine Liebe wieder magst,
Soll sie nicht fehlen.

* * *

Sinngedicht

Vergessen noch nicht ganz steht in Ruinen,
Was einst in weißem Glanz geprunkt, erstrahlte,
Der Maler, der die heere Szene malte,
Ist Asche ebenfalls und längst dahin.

Wohin die Schwäne ziehen, wenn es Abend,
Wohin die Wolken schwinden, wenn versinkt die Sonne,
Dorthin, wo Trauer, Freude und auch Wonne
Vergehn, dreht schwankend sich die weite Welt.

Glaub mir, dann, wenn der Schleier fällt,
Dem letzten Firmament die Sterne ziehen,
Kannst du dem Augenblick doch nicht entfliehen,
Wenn dir die letzte Stunde schlägt.

Und dennoch sagt der viel, der „Abend“ sagt,
Und mit den Worten mehr verbindet, als der Laie.

* * *

Radpanne

Es ist so wenig Echo, dass man es nicht wagt,
Zu atmen, als die Luft, wenn sie entweicht,
Die Existenz beenden könnte.

Dort sinkt im Nebel schon der Baum,
Der Jahr und Tag den Wandrer grüßte.
Hier schneidet messerscharf,
Die neue Trasse Feld vom Feld,
Und schriller Jubel tönt:
Das sei das Ziel des Seins.

So rasen wir durch Jahr und Tag
Und wischen alles fort, was uns im Weg,
Und finden nicht, sind nicht am Ziel,
Und wenn uns nicht ein Unglück schlägt,
Und halten macht,
Wenn wir nicht stehen dazumal,
Besinnen wir uns nicht einmal,
Und fahren fort, ins Nichts, ins Nichts.

* * *

Über Martin Dühning 1438 Artikel
Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau, arbeitet am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.