Ventadorn erhält neue S-Bahn

Die erste Lok der neuen Baureihe 60197 im Lokschuppen von Ventadorn (Foto: Rosa Dudelspru)
Die erste Lok der neuen Baureihe 60197 im Lokschuppen von Ventadorn (Foto: Rosa Dudelspru)

Vizekönigin Luisa verordnete der Metropole ein neues Stadtbahnsystem. Der Stadtrat ist skeptisch, hat aber wohl nicht wirklich Mitspracherecht.

Trotz kritischer Einwände aus dem Stadtparlament verordnet Vizekönigin Luisa Amiratu, derzeit immer noch kommissarische Regentin von Ventadorn, der Stadt eine neue S-Bahn. Gegenüber den kritischen Einwürfen der Stadträte aus der Wirtschaftspartei, die Stadt habe doch bereits ein Straßenbahnsystem, entgegnete die Vizekönigin:

„Ich fahre wirklich sehr gerne mit den Museumsbahnen in der Stadt Ventadorn, besonders an Sonn- und Feiertagen. Sie sind so schön nostalgisch und himmlisch langsam, so man kann die Sehenswürdigkeiten der Stadt wirklich in aller Ruhe anschauen, sofern man natürlich keine anderen Termine hat oder irgendwo schnell ankommen möchte. Dann sind die alten Trams eine Katastrophe.“ – Luisa Amiratu.

Den Einwand eines Ratsmitgliedes, dass Herumzueilen eine moralisch fragwürdige Angelegenheit sei und dass schnelle Verkehrsmittel daher unethisch seien, ließ die Vizekönigin nicht gelten. Es gebe sehr viele Leute in Ventadorn, die aufgrund ihrer täglichen Aufgaben schnell von einem Ort zum anderen kommen müssten, ob freiwillig oder nicht, spiele da keine Rolle, im Gegenteil: Wenn man gegen seinen Willen noch zusätzlich hetzen müsse wegen Staus und Verzögerungen des Straßenbahnsystems, also erzwungernermaßen weitere Zeit verlöre, so sei das noch viel fragwürdiger und unfreier als wenn man sich den Druck selbst machen würde. Und zu guter Letzt, fügte die Vizekönigin an, sei das Straßenbahn- und Zugsystem nicht barrierefrei und verstoße damit gegen diverse Sozialgesetzgebungen der Konföderation.

Die aktuellen sozialen und gesellschaftlichen Anforderungen könne das von ihr im vergangenen Jahrzehnt initiierte Bussystem auch nicht lösen, wie sie leider eingestehen müsse, meinte die Vizekönigin, denn so viele Busse, wie die Nachfrage geböte, hätten auf den engen Straßen von Ventadorn gar nicht Platz. Daher sei es nur logisch und konsequent, auf dem bereits vorhandenen Schienennetz neben den museumsreifen Bahnen aus dem dritten und vierten Jahrhundert künftig auch ganz neue einzusetzen, die dem Stand des aktuellen sechsten Jahrhunderts entsprächen. Zugegeben gäbe es zwar derzeit nichts auf dem Markt, was wirklich barrierefrei sei, aber Ventadorn habe ja auch industrielle Fertigungsanlagen, wo man neue Bahngefährte umbauen oder sogar neu entwerfen könne. Außerdem seien auch die Bahnhöfe von Ventadorn dringend renovierungsbedürftig. Wahrscheinlich müsse man vernünftigerweise auch neue bauen.

Für all das gebe es Gelder aus dem Sozial- und Inklusionsfond der Konföderation, der städtische Haushalt werde also gar nicht belastet, daher halte sie es auch nicht für notwendig, dass der Stadtrat über das Projekt abstimme, ließ die Vizekönigin die murrenden Stadträte wissen. Und falls ihnen dieses Prozedere zu undemokratisch sei, merkte sie provokant an, bräuchten sich ja endlich einfach nur genug Kandidaten für eine Bürgermeisterwahl aufstellen, dann könne sie ihre zusätzliche Stadtregentschaft beenden.

Wie Beobachter schon vermutet hatten, erklärten sich aber auch auf mehrmalige Nachfrage der Vizekönigin keine neuen Bürgermeisterkandidaten bereit, sodass dem Neubau des S-Bahnsystems in Ventadorn wohl nichts im Wege steht. Die Bevölkerung steht nach aktuellen Umfragen ohnehin mehrheitlich hinter der Politik der Vizekönigin. Nach Judith Birnbaum und Una Niva gilt Luisa Amiratu als die beliebteste Politikern, die je in Ventadorn regiert hat, auch wenn sie keine demokratische Legitimation hat und nur als kaiserliche Stellvertreterin agiert.

In gewohnter Geschwindigkeit setzte die Vizekönigin ihre Vorhaben in die Tat um: Bereits am darauffolgenden Nachmittag weihte Luisa Amiratu im Beisein des städtischen Polizeipräsidenten die erste Lok der neuen S-Bahn-Reihe ein. Die neuen Loks und Waggons werden in den nitramischen Staatsfarben Goldgelb und Blau gestrichen, worauf die Vizekönigin in ihrer Einweihungsrede stolz hinwies.

Die Fertigstellung der Waggons wird allerdings wohl länger dauern, da ein barrierefreies System erst noch entwickelt werden muss. Auch ein Umbau der Bahnhöfe ist erforderlich. Daher wird es wohl noch eine Weile dauern, bis man die S-Bahn in Aktion erleben kann.

Über Nils Kawomba 175 Artikel
Nils Kawomba, ehemals Chefredakteur der NNZ (Neue Nitramische Zeitung), ist unser nitramischer Korrespondent in Ventadorn (Ninda).