Der Ekel vor der Finsternis

Könnte ich drei Monate aus dem Kalender streichen, es wären November, Dezember und Januar. Gegen den Winter an sich habe ich nichts, aber er ist im Februar ohnehin am schönsten, wenn er die Natur in Zuckerguss gießt ohne dunkel und garstig zu sein. Aber die tote Nebelzeit davor kann mir gestrost gestohlen bleiben.

Nun kann man dem November, so widerwärtig er auch ist, immer noch zugute halten, dass er Feste enthält, denen man eine gewisse Lebensrelevanz nicht absprechen kann. Denn das Vergehen gehört zum Leben und das Ende zu jedem Anfang, so man daran festhalten will. Und immerhin gibt es auch noch ein Lichterfest am Tage meines Namenspatrons, den ich immer sehr geehrt habe und es noch tue. Doch was danach kommt, welche Farce! Ein Konsum- und Medienrummel um ein religiöses Fest, dass man seiner Aussage längst beraubt, ja dessen Botschaft man in sich verkehrt hat. Aus einer Anfangsgeschichte über eine Rettung trotz und durch Einfalt und Armut wurde ein berauschendes Fest der Reichen. Mit Lebkuchenvergiftung, Geschenklifluten, Gallensteinen und viel unnützem Glitterkram. Würde es mir nicht vor dem Wetter grausen – das elendige, einmonatige Festlefeiern will einem den dunkelsten Monat des Jahres ganz vergellen! Zumal er doch trotz allem Gehetze in der Grippezeitauch  noch mit dem heeren Anspruch antritt, für Besinnung zu stehen. Dem widerspricht diametral die Häufung solcher Besinnungstermine und Feiern in meinem Terminkalender, weshalb ich mit Weihnachten schon seit Jahren nichts mehr anfangen kann. Eigentlich bin ich immer ganz froh, wenn es rum ist.

Ein ewiges Weihnachtsfest, ja so stelle ich mir die Hölle vor. Lauter Plastiktand und eine süße Scheinwelt, das hat mit dem, was ich unter Wahrheit und Gottesnähe verstehe, so gar nichts zu tun. Nun könnte ich einfach mein Gottesbild ummodeln, wie es ja so viele tun. Passend machen. Allerdings würde dies doch voraussetzen, dass ich nicht wirklich glauben würde. Denn nur über Irreales kann man nach Belieben verfügen. Nicht nur Gott ist daher unverfügbar. Zugegeben, mache ich mir aber durchaus eine Vorstellung von ihm. Doch ich stelle ihn mir eher wie August vor.

August, das ist die Zeit, in der ich normalerweise keine Terminschwemme habe und daher Zeit, wirklich zu leben (falls nicht gerade wieder ein Schulnetz umgebaut wird). August ist auch die Jahreszeit, in der es weder zu kalt noch zu warm ist und außerdem gibt es da auch keine Pollenallergie mehr. Irgendwie ist August eine sehr angenehme Auszeit, in der man viele schöne Dinge in aller Ruhe tun kann. In schönen Träumen ist es meist August und auch im Himmel, wie ich ihn mir wünschen würde, ist August. Schöner blauer Himmel, nette grüne Felder (kein Mais!).

Da steht dann eine kleine, einfache Kapelle. Und dort kann man Gott spüren. Einfach so, ohne alle Hektik und all den Aufwand, den man sonst nötig zu haben glaubt.

Das ist insofern ein tröstlicher Gedanke, als es draußen gerade nicht August ist, sondern Nebelnovember. Und sämtliche Feste, die nun nahen, und die mir deshalb ein Graus sind, präsentieren den Superstar-Herrgott in Massenfeten mit Gold, Glitter und jede Menge Lärm in stickigen Versammlungen. Was für ein Graus. Ich sehne mich nach Maria Lichtmess, dann ist es wieder vorbei…

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Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.