Wir basteln uns eine KGT-Chronik

Eine Chronik des Klettgau-Gymnasiums zusammenzustellen, die über das Jahr 1990 hinausgeht – der magischen Grenze, vor der es kein Jahrbuch gab – steht schon länger recht weit oben auf meiner schulischen Agenda. Da es mit dem Projektfach „Zeitreise“ vielleicht nicht klappt, gehen wir das Ganze etwas dezentraler an.

Vergessen am KGT

Dass das Klettgau-Gymnasium zur Zeit ganz massiv an Gedächtnis- und damit Erfahrungsschwund leidet, fällt jedem auf, der länger als fünf Jahre an dieser Schule lebt und über genug Gehirn verfügt. Gezieltes Vergessen scheint in manchen Fällen auch zum schulpolitischen Kalkül zu gehören, um ungeliebte Traditionen aus der Welt zu schaffen oder neue zu „erschaffen“. Nun sind lebendige Traditionen anders als menschengemachte Satzungen aber etwas, was historisch gewachsen ist und damit aus sich heraus Sinn ergibt, ganz im Gegenteil zu manchen künstlichen Traditionssetzungen der neueren Zeit, die mit viel Energieaufwand, teils auch Zwang, am Klettgau-Gymnasium installiert werden sollen und meines Erachtens eigentlich schon deshalb oft zum Scheitern verurteilt sind.

Deshalb scheint es mir ein Gebot der Vernunft, gewisse historische Sachverhalte wieder zugänglich zu machen, damit man wieder eine Grundlage hat, sinnvolle Entscheidungen für Gegenwart und Zukunft zu fällen, statt nur, teils ohne es zu merken, persönliche Steckenpferde zu reiten. Das klingt hart, scheint mir aber nötig einmal klarzustellen, da mit den massiven Personalwechseln am KGT in den vergangenen Jahren auch ein großer Erfahrungsschatz verloren gegangen ist, den man sich mit der Zeit natürlich mit einigen Höhen und Tiefen wieder aufbauen wird. Aber wieso Erfahrungen teuer erkaufen, wenn man sie anderswo geschenkt bekommen kann?

Die Idee zu einem Projekt „Zeitreise am KGT“

Idealerweise stehen vernünftige Projekte auf den Schultern mehrerer Persönlichkeiten, vorzugsweise gehen sie von Schülern aus, denn diese sind die Zukunft und Schulen wurden für ihre Bildung erbaut. Geschichtsbewusstsein kann man in der heutigen Zeit allerdings nicht einmal mehr bei Erwachsenen voraussetzen, deshalb war meine erste Idee, die Einrichtung des Projektfachs in Klasse 9 dazu zu verwenden, ein Projektfach ZEITREISE AM KGT durchzuführen und das, was Markus Hable im Schuljahr 2002/2003 einst mit seinem gleichnamigen Internet-AG-Projekt erstmals versuchte, nämlich über die Jahrbuch-Grenze von 1990 weiter in die Vergangenheit vorzudringen, gründlich auszubauen. Als besonderen Heimvorteil habe ich bald 30 Jahre KGT-Erfahrung vorzuweisen und ein Bildarchiv von etwa 20 GB digitalen Fotos aus meiner Pressearbeit sowie ein komplettes privates Pressearchiv aller Zeitungsartikel der 90ziger Jahre und natürlich einiges aus meiner eigenen KGT-Schulzeit in den 80ziger Jahren.

Nun ist mir allerdings zu Ohren gekommen, dass die Konditionen zur Durchführung eines Projektfaches geändert werden sollen dahingehend, dass sich Schüler nun künftig einzeln selbst betreuende Lehrer suchen sollen. Da meine persönliche Art des Unterrichtens nicht auf Schülerfankreisen basiert und so ein ambitioniertes Großprojekt mehrere kontinuierliche Mitarbeiter voraussetzt, wäre das damit das AUS für ein solches Projektfach, denn ich bekomme bei allen Wahlfächern immer nur wenige Schüler zusammen. Gleichzeitig bleibt mir ohnehin nur noch das kommende Schuljahr 2012/2013 übrig, dann endet meine KGT-Zeit.

Plan B: Facebook-Chronik

Folglich kam mir als Plan B nun die Idee, die Sache mal wieder mittels modernster Technik auch noch andersherum aufzuziehen, unter Einbindung sozialer Netzwerke, die ja bekanntlich nichts vergessen, was man meist nur negativ bewertet. Die KGT-Geschichte als Facebook-Chronik!

Die Geschichte des Klettgau-Gymnasiums als Facebook-Chronik. Wenn es gelingt, könnte das Projekt Zeitleiste und Diskussionsplattform gleichzeitig sein.
Die Geschichte des Klettgau-Gymnasiums als Facebook-Chronik. Wenn es gelingt, könnte das Projekt Zeitleiste und Diskussionsplattform gleichzeitig sein. (Bevor nun irgendjemand lästert, das Design und das Headerbild seien von der KGT-Webseite geklaut: BEIDES stammt von MIR.)

Diese Chronikfunktion ist den meisten Leuten ja nur ein Dorn im Auge, weil sie in den letzten Jahren unüberlegt alle möglichen privaten Sündlein dort gepostet haben, die sie nun vielleicht lebenslänglich vorgehalten bekommen werden. Die unglaublichen Chancen von Vernetzung von Wissen, und dem Austausch darüber, die auch Facebook bietet, übersehen die meisten dabei. Die neue Facebook-Chronik bietet darüber hinaus die Chance, dies auch historisch nach Jahren zu gliedern und übersichtlich darzustellen. Im Unterschied zu einem Wiki, was natürlich auch eine Möglichkeit einer digitalen KGT-Chronik wäre, bekommt man so auch relativ schnell genug Interessierte zusammen (es sind schon 36, obwohl das Projekt erst zwei Tage alt ist), die vielleicht auch noch eigenes Material beisteuern, was über meine eigenen Besitztümer hinausgeht. Außerdem findet sich dann unter interessierten Fans vielleicht auch irgendeiner, der das Projekt übernimmt, falls es genug Anklang findet. Auch Ehemalige kann man so leicht einbinden.

Erwünschter Nebeneffekt wäre, dass man sich über diverse soziale Funktionen über die Ereignisse austauschen, diskutieren und damit Gedanken darüber machen kann, was eigentlich um uns herum geschehen ist oder geschieht. Solche Diskussionen sind in einer Schulgemeinschaft nötig, damit sich nicht immer noch jene durchsetzen, welche ihre Meinungen am Besten oder Schnellsten durchklotzen können, sondern auch solche Entscheidungen getroffen werden, die auf einen soliden Grundkonsens zurückgreifen können. Dieser Konsens muss über Diskussionen aber erst einmal eruiert werden.

Ich bin immer noch der Meinung, dass die verschiedenen Gremien am KGT, gerade auch Schüler, Eltern und Lehrer, viel zu wenig miteinander kommunizieren. Ehemalige, obwohl ein gewaltiges Erfahrungspotential und dem KGT oft immer noch sehr zugetan, bleiben ganz außen vor. Natürlich wäre es besser, sie täten das im regelmäßigen persönlichen Zusammentreffen. Aber wenn sie es wenigstens digital tun, wäre schon viel gewonnen.

Die meisten Facebook-Diskussionen auch der KGT-Bewohner sind ja leider recht banal. Allerdings liegt dies teils auch an den wirklich banalen Inhalten, die dort in der Regel ausgetauscht werden. Mit der Qualität der Inhalte steigt vielleicht auch die einiger Diskussionen.

Ins Boot geholt habe ich mir jedenfalls schon den oft zu Unrecht vergessenen Besitzer der zweitgrößten Presse-Sammlung des Klettgau-Gymnasiums, den Chefredakteur des KGT-Jahrbuchs, Gerhard Behnke. Für den Zeitraum von 1991-2010 ist er ohnehin die Adresse erster Wahl, denn die Jahrbücher stellen bereits eine qualitative Auswahl der wichtigen Zeitereignisse dar. Was den einzelnen KGT-Jahrbüchern aber fehlt, ist der rote Faden der historischen Zusammenhänge. Eine solche historische Zusammenschau ist aber nicht jährlich, sondern erst mit genug zeitlichem Abstand möglich.

Was die Facebook-Chronik in KEINEN Fall werden soll ist eine weitere unreflektierte Lobhudelei auf diverse KGT-Aktionen oder ambitionierte Schulleitungsprojekte. Mir geht es um die Darstellung historischer Zusammenhänge und um historische Tatsachen. Mithin um die Wahrheit. Dass dies nicht in jedem Fall auf Gegenliebe stoßen wird, dürfte klar sein. Doch zu meinen persönlichen Prinzipien gehört nun einmal auch die Überzeugung, dass man nur mit Wahrhaftigkeit im Leben wirklich weiter kommt, einzeln oder als Gemeinschaft, anders ausgedrückt: „VERITAS VIATICUM VITAE“, was nicht nur der Leitspruch des Klettgau-Gymnasiums ist, sondern auch immer schon mein eigener war.

Über Martin Dühning 1438 Artikel
Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau, arbeitet am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.

1 Kommentar

  1. Die Timeline eignet sich am Besten genau für das, wofür der Name eh steht. Als Betreiber ist auch gut, die Sache nicht zu sehr zu strapazieren und es eben dabei zu belassen. Aktuelle Updates sind nur wichtig, wenn es wirklich was zu berichten gibt.

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