Der Hobbit II: Action um Smaug mit viel Legolas

Lange wurde er erwartet, der zweite Teil des großen Epos von Peter Jackson: Der Hobbit – Smaugs Einöde. Von Tolkiens Kinderbuch blieb weiland nicht viel übrig, aber Fantasy-Liebhaber kommen auf ihre Kosten.

Schon im ersten Teil hatte ich bemängelt, dass Peter Jackson – in einer langen Reihe mit anderen Regisseuren – aus einem Fantasykinderbuch ein weiteres kriegerisches Actionepos strickt. Er ist sich im zweiten Teil seiner Hobbit-Triologie treu geblieben, die Abenteuerfahrt der Kriegerzwerge geht weiter.

Obwohl der Film bedenklich Überlänge hat, ist er erstaunlich kurzweilig. Nur manchmal stößt dem Tolkienkenner auf, wenn Jackson gar freizügig mit der Originalvorlage umgeht. Die Waldelbin Tauriel einzufügen, um den eklatanten Frauenmangel der literarischen Vorlage auszugleichen, das mag ja noch angehen. Aber musste die doch etwas hahnebüchene Liebesgeschichte zwischen Tauriel und einem der Zwerge sein?

Smaug als Wyvern-Drache ist wirklich schön in Szene gesetzt, Elbenkönig Thranduil überzeugt als arroganter und nicht ganz lichtener Elb sehr, insgesamt huldigt Jackson aber doch dem Topos von den Lichtgestalten und lässt die neckischen Parts der Vorlage, die Waldelben eben auch als Schelme kennzeichnen, geflissentlich aus, wie schon zuvor im ersten Hobbitfilm. Damit bewegt sich Jackson weniger im echten Tolkien, sondern in dem, was seine Fans seit den 90ziger Jahren daraus gemacht haben: Es ist nicht wirklich Tolkiens Hobbit, sondern dezidiert die verfilmten LOTR-Impressionen, wie sie John Howe und Alan Lee geprägt haben, vermengt mit einer kräftigen Prise Pen & Paper-Welt und ihrem riesigen Fandom. Und will man Kritik üben, müsste man sie wohl aus dessen Regelwerk entnehmen. Denn optisch sind die Bilder gewohnt opulent und zweifelsfrei von Perfektion. Allein, trotz Jacksons eher gemächlichen Erzähltempo (viel Wesentliches wird auch nicht erzählt) kommt das Auge des Betrachters kaum mit, vor allem bei der 3D-Version, die von einem Spezialeffekt zum nächsten eilt. Trotzdem und gerade wohl deshalb wirkt der Film kurzweilig, obwohl das Kinderbuch gerade auch im zweiten Teil, quasi mit der Macht des Rings, auf fast unnatürliche Weise verlängert wurde.

Die eigentliche Gefahr droht dem Hobbit auch gerade aus dem „Herrn der Ringe“ – Es ist ein Held, der eigentlich gar nicht in dieses Buch gehört und über weite Strecken erfolgreich eine feindliche Übernahme gestartet hat: Legolas. Viele Actionszenen sind ihm gewidmet, obwohl er da viel metzelt, tut es aber doch eigentlich gar nichts zur Sache und – wenn man es jetzt mal streng so betrachtet, wie es Pen & Paper-Fans und oder PC-Gamer täten: Bei Legolas stimmt das Balancing einfach nicht. Er ist geradezu übermächtig. Wenn man sich so ansieht, was der künstlich verjüngte Orlando Bloom im zweiten Hobbitteil so an Orkfleisch im Akkord dahinschnetzelt, kommt in einem unweigerlich das Gefühl auf, dass nicht nur ein einziger Legolas reichen würde, um dem Drachen Smaug den Gar aus zu machen, sondern er auch noch locker das ganze restliche Abenteuer allein bestehen könnte. Gegen ihn verbleichen jedenfalls die klingonenhaften Zwergenkrieger zu Witzfiguren, auch eine Tauriel und selbst Gandalf (dem hier mehr Zauberminuten zugestanden werden als noch im Herrn der Ringe) wirken wie Amateure. Mal sehen, ob der dritte Teil das dann wieder ausgleichen kann, oder ob Jackson gar noch in einigen Fällen künstliche Happy Ends herbeizaubern muss, um die von ihm begonnen Erzählfäden mit Nebenfiguren, die laut Buchvorlage eigentlich tragisch enden müssten, noch in Hollywood-Manier zu erretten.

Obwohl der Hobbit wieder einmal die Messlatte höher setzt, was den technischen und bildnerischen Aufwand von Fantasyepen angeht, und obwohl er für den inzwischen klassischen „Weihnachtsfantasykinofilm“ im Jahre 2013 wie geschaffen erscheint, so hat man als Betrachter doch das Gefühl, dass Jackson seinen Zenit hiermit fast schon überschritten hat.

Ein dritter Hobbit, der Neuseelands Landschaft in Kombination mit CGI in eine Fantasywunderwelt verwandelt, der geht jetzt gerade noch. Ansonsten sind die kineastischen Mithrilminen der Tolkienwelt aber langsam ausgereizt und erschöpft. Dass es mal noch zu einer Verfilmung des Simarillions oder einer der kleineren Tolkiengeschichten wie „Elbenstern“ oder „Roverandom“ kommt, halte ich so eher für ausgeschlossen. Wenn, wird es jedenfalls nicht Jackson sein, dem dies gelingt. Denn die kleinen, stillen Momente und die winzigen Erzähllandschaften, die Tolkien als Erzähler eben auch mit Bravour beherrscht, die sind nicht so die Sache eines Peter Jackson, der opulente Epen und endlose Fantasyweiten bevorzugt. Da bräuchte es eines völlig anderen Stils, da müsste ein Regisseur her, der den Zauber eines Tom Bombadil nicht ignoriert, der arglose Miniaturen preziös in Szene setzen kann und – zum Wohle Neuseelands, das im Weltbild des Kinozuschauers zunehmend auf Mittelerde reduziert wird – bitte auch mal irgendwo ganz anders.

Über Martin Dühning 1503 Artikel
Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau sowie Informatik in Konstanz, arbeitet als Lehrkraft am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.

2 Kommentare

  1. Der Film ist kurzweilig, sieht gut aus und unterhält. Das muss man ihm lassen.

    Es ist ein sehr guter Hollywoodfilm, aber eben Hollywoodfilm. Beim Herrn der Ringe hat es einfach besser gepasst und die Geschichte war eben sehr episch und dramatisch. Der Hobbit kann da auch als Buch nicht mithalten. Tolkien wollte den Hobbit nochmals ernster machen, kam aber nicht dazu. Das ist PJ zwar gelungen, aber leider ist es einfach viel zu bildgewaltig und es wird zu viel draufgekloppt.

    Dass Legolas dabei ist, finde ich super, er ist schließlich der Sohn von Thanduil. Aber er ist eigentlich nur ein Dummy für spektakuläre Action. Tauriel ist sehr gut gewordne, aber ja, die Liebesstory muss wirklich nicht sein. Auch nicht das „Kissen“ aus Walnüssen unter dem Kopf von Kili, als er von ihr geheilt wird. Das Finale mit dieser Goldstatue war wirklich völlig übertrieben. Wie die Zwerge durch die Gegend fliegen und alles überleben wie Stehaufmännchen… Ich kam mir irgendwann vor wie bei Tom & Jerry.

    Man hat so wenig von Beorn gesehen, so wenig vom Düsterwald und viel zu viel von Smaug im Erebor. Dadurch hat er fast seine majestätische Wirkung verloren. Gut gemacht waren dagegen Gandals Suche nach Sauron und die Seestadt. Da hat nochmal die Detailverliebtheit und die Gestaltung der Sets durchgeschimmert, die man von Herr der Ringe gewöhnt war. Leider hat man nun statt wunderbar erbauter Miniaturen alles am PC animiert. Zum Glück gab es vor 12 Jahren noch keine CGI-Orks.

    Ich fände es übrigens super, wenn man den Herrn der Ringe nochmals als einen sehr schön gezeichneten Zeichentrick inszenieren würde und zwar als sechs Filme. Jeder Film eines der sechs „Bücher“, in die der Herr der Ringe unterteilt ist. Denn der Zeichentrick sit ein Medium, der zwischen der Realität und der Fantasie bereits platziert ist. Er ist nicht auf die „Epicness“ angewiesen und kann auch als Miniserie daherkommen. Da könnte man dann endlich den Anfang des Herrn der Ringe in seiner Langsamkeit und geheimnisvollen Atmosphäre aufrollen, wie es das Buch tut. Die Schwarzen Reiter würden Frodo nicht direkt angreifen auf dem Weg zur Fähre, sondern Merry würde mit dem Pony die anderen und Bauer Maggot erschrecken und die Reiter dann erst im Dunst zu sehen sein, wie sie den Anlegesteg beschnüffeln. Der Alte Wald und die Hügelgräberhöhen wären dabei, die Hobbits würden eine Nacht unter Elben verbringen im Auenland und auch die G-Rune von Gandalf wäre an der Wetterspitze zu finden. Das ist der Herr der Ringe, nicht nur Unmengen von Massenschlachten und coole Stunts. Wenn man in Film drei am Schlacht vor dem Schwarzen Tor ankommt, denkt man sich doch: Nicht schon wieder, hört das denn nie auf? Leider auch irgendwie schwach gemacht, weil Mordor total hell war im Film. Wo war der bräunliche Dunst, in dem man kaum atmen konnte? Ach egal… Trotzdem könnte man auch einige Actionszenen einbinden, die PJ warum auch immer ausgelassen hatte, wie den Kampf mit den Wargen auf dem Weg nach Süden von Bruchtal aus. Da hat Gandalf auch nen ziemlich heftigen Feuerzauber raus und verbrennt einen ganzen Hügel ringsum. Was will man mehr?

    • Ja, es gäbe noch viel, was Jackson in seiner Lesart ausgelassen hat. Aber wahrscheinlich muss leider erst viel Gras über seine Tolkieninterpretation gewachsen sein, damit wieder genug Platz für Anderes ist, selbst bei Zeichentrickversionen. Zumindest, wenn es sich um ein kommerzielles Projekt handelt. Wer käme jetzt im kommerziellen Kino schon gegen einen solchen Titanen an?

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