2022 – ein Jahr der Kunst?

Traumtöchterlein (Grafik und Foto: Martin Dühning)
Traumtöchterlein (Grafik und Foto: Martin Dühning)

Das Jahr 2022 neigt sich dem Ende entgegen. Es war sehr ereignisreich und anstrengend. Aber war es, wie geplant, ein Jahr der Kunst?

Merry Christmas - Metallic Buntstifte auf schwarzem Karton (Grafik: Martin Dühning)
Merry Christmas – Metallic Buntstifte auf schwarzem Karton (Grafik: Martin Dühning)

2022 wird eingehen in meine persönliche Lebensgeschichte als ein Jahr der KI. Tatsächlich, und mit zunehmender Macht, wurde „Künstliche Intelligenz“ im Alltag spürbar. Anders als diverse Spracheingabesysteme und Lauschlautsprecher, die ich nie wirklich nutzte, haben AI-Agenten wie Midjourney, AIVA und zuletzt ChatGPT tatsächlich Eindruck bei mir hinterlassen. Mein Umgang damit war eher experimenteller Natur, allerdings halte ich sie inzwischen durchaus für praxistauglich. Anders als manche Digitalkünstler, die dagegen auf die Barrikaden gehen, verspüre ich keine Scheu vor solchen Systemen, wenn sie mit Bedacht und bewusst eingesetzt werden. Von maschinenstürmerischem Aktionismus halte ich nichts, dazu bieten die Assistenzsysteme auch zu viele positive Möglichkeiten. Für den Digitalkünstler können sie eine nützliche Erweiterung darstellen. Dann sind sie tatsächlich eine Hilfe, um mehr Produktivität aus der begrenzten Lebenszeit zu schöpfen.

Ein von der KI Midjourney erzeugter Fantasy-Christbaum, der dann mit Xara und Photoshop nochmals deutlich nachbearbeitet wurde (Grafik: Martin Dühning)
Ein von der KI Midjourney erzeugter Fantasy-Christbaum, der dann mit Xara und Photoshop nochmals deutlich nachbearbeitet wurde (Grafik: Martin Dühning)

Allerdings haben KI-Systeme auch Grenzen und teilweise sind auch Rückkopplungen zu erwarten. Zwar haben diese Agenten kein Bewusstsein, denn sie können nicht wirklich Beziehungen knüpfen, was meiner Ansicht nach eine Voraussetzung für Bewusstsein wäre, denn nach meiner persönlichen Definition ist Bewusstsein das Vermögen und Tun, mit der Umwelt und sich selbst in Relation treten zu können. Insofern wird die KI den Künstler auch nicht ersetzen. Der KI fehlt die Seele. Allerdings treten wir mit den KI in Interaktion, insofern beeinflussen diese Systeme auch zunehmend unsere Art zu denken und zu handeln – also zu erschaffen. Die Kunst dürfte dadurch künstlicher werden und Systeme haben eine Präferenz für Formalisierungen. Welche Folgen das konkret haben wird und ob es gut oder schlecht sein wird, wird sich noch zeigen. Viele heutige „Gebrauchskunst“ ist aber jetzt schon wenig originell, hier könnte KI sogar zu Bereicherung führen. Natürlich wird es auch weniger positive Konsequenzen haben, die noch nicht absehbar sind.

Blauer Magier, Trickkünstler oder Trickster, gerendert mit Midjourney AI (Grafik: Martin Dühning)
Blauer Magier, Trickkünstler oder Trickster, gerendert mit Midjourney AI (Grafik: Martin Dühning)

Doch das soll einmal Teil eines eigenen Essays werden. Hier möchte ich nur festhalten, dass 2022 das erste Jahr war, in dem ich das Potential dieser Systeme zum ersten Mal richtig erleben und ausprobieren konnte. Insofern war das Jahr 2022 sicher auch ein künstlerisches Jahr, zumindest digital. Es entstand teils mehr als sonst und schneller, als das bislang möglich war.

Was analoge Kunst angeht und meine ursprünglichen Pläne, bleibt das Resümé des Jahres 2022 aber gemischt: Es hatte einige Highlight und es entstand wieder Kunst, auch analog handgemachte, aber in kleinerem Rahmen, als erhofft. Musik entstand so gut wie gar nicht, auch keine Mosaiken und auch an den darstellenden Künsten mangelte es (kein Theater). Die Fotografie lebte erst am Schluss wieder auf, als ich mir im Zuge schulischer Projekte nach langer Zeit wieder eine professionelle Kamera zugelegt habe. Besser sieht es mit den Texten aus – hier entstand wieder neues Material, was in Teilen auch schon veröffentlicht werden konnte, auch im Druck. An Malmaterialien habe ich nun wieder eine Breite Palette auf Lage, sodass ich mir zumindest da wegen der Inflation keine Sorgen machen muss – es steht alles auf Abruf zur Verfügung. Insofern hat 2023 vielleicht die Chance, dieses Jahr in Sachen Künste zu überbieten, zumindest, wenn es gesundheitlich besser gehen wird. Denn unsere Gesundheit war 2022 nicht so gut. 2023 soll es besser werden. Hoffen wir es mal. Und Hoffnung gibt es immer, wo Leben ist.

Über Martin Dühning 1437 Artikel
Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau, arbeitet am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.