Mittelalterliches Treiben vor der Haustüre

Alle 1150 Jahre passiert auch in Lauchringen mal etwas interessantes und schönes – so am Wochenende, 14. und 15. August 2010. Dort begab es sich, dass die Kirchstraße und der Lindenplatz in Oberlauchringen zu einem doch recht großen Mittelaltermarkt umgestaltet wurde. Über 70 Stände sollen es gewesen sein. Es fanden sich regionale wie auch einige nahmhafte überregionale Künstler ein.

Eröffnung des Mittelaltermarktes in Lauchringen
Eröffnung des Mittelaltermarktes in Lauchringen am 14.08.2010 durch Marktvogt und Dorfschulte. Schon zu Beginn war der Lindenplatz gut mit Besuchern gefüllt.

Die Veranstaltung wurde am Samstag, den 14. August zwischen 11 und 12 Uhr stilgerecht von der Bühne aus eröffnet. Zunächst war das Publikum noch überschaubar, doch im Laufe des Nachmittags sprach es sich schnell herum, dass es wohl was zu sehen gebe, besondern Familien mit Kindern kamen in der zweiten Nachmittagshälfte. Zu sehen, aber auch zu hören und schmecken gab es auch einiges. Eine größere Anzahl von Kleidungs-, Pelz-, Leder- und Schmuckständen beispielsweise, aber auch mittelalterliche Spetzereien Lachs am Brett, Bratschwein am Spieß oder allerhand Getränken vom bekannteren Met bis hin zu allerlei „Zaubertränken“ in vielen Farben und Formen.

Ein Schmied geht seiner Arbeit nach
Ein Schmied geht seiner Arbeit nach beim Mittelaltermarkt in Lauchringen. Daneben wusste er auf Anfrage auch fachkundig zu mittelalterlichen Werkzeugen und Waffen zu berichten.

Auch Handwerker übten ihren Beruf vor Schaulustigen aus, beispielsweise ein Waffenschmied, der sich vor stilechter Bauernhauskulisse gegenüber der St. Andreaskirche positioniert hatte und kennerhaft wie malerisch anzuschaun seinem Handwerk nachging, ebenso wie hundert Meter weiter ein Scherenschleifer oder ein Gürtelmacher.

Abinferis in concert
Abinferis in concert – mit Pauken und Dudelsäcken brachten die „Chipendales des Mittelalters“ selbiges lautstark zu Gehör. Noch einen Kilometer weiter drang ihr Schall.

Künstler waren ebenso gut vertreten: die lautstarken teuflischen Spielleyt Abinferis mit Pauken und riesigen Dudelsäcken, Feuerschlucker und andere Gaukler, darunter auch ein wirklich eloquenter Märchenerzähler und ein wandelnder Barde, eine Bauerntanzgruppe, ein Gemshorntrio sowie die vielversprechende Musikgruppe Metusa, welche sich im Verlauf der zwei Tage recht vielseitig zeigte und die in Zukunft womöglich noch bekannter werden könnte.

Metusa spielt zum Tanz auf
Metusa spielt zum Tanz auf – und zeigte ein beachtliches Arsenal an Klangvielfalt mit allerlei Instrumenten. Zum besonderen Ohrwurm wurde hier schnell das Lied „Piratenseele“, obwohl es in Lauchringen doch nur den Wutachstrand gibt.

Von weither gekommen und überregional Tätig waren teils auch die Ständebetreiber – der Bäcker beispielsweise ist meist auch beim Kasseler Drachenfest zu finden. Der für Lauchringen hinzugezogene Veranstalter MMV aus Immenstaad ist ja aber auch selbst überregional tätig. Daher kannten sich dann wohl auch die Profis untereinander. Ergänzt wurden sie allerdings auch durch ortkundige Vereinsmitglieder.

Freilich sind die meisten Lauchringer die Mittelalterszene noch nicht ganz gewohnt, denn Chilbi wie Schwyzertag sind eben doch etwas anderes und manchmal hatten die erwachsenen Zuschauer, so sie nicht fasnächtlich vorgeübt waren, etwas Mühe beim aktiven Mitmachen, ganz im Gegensatz zu den Jüngeren. Die applaudierten gekonnt, tanzten spontan und vergnügten sich auch sonst, beispielsweise auf einem kleinen Riesenrad, oder beim Mäuseroulette, die größeren von ihnen auch beim Bogenschießen.

Auf dem alten Kirchhof konnte man das Leben der Uesenberger Landsknechte mitverfolgen. Teils trieben auch Schelme auf dem Markt ihr Unwesen, mal als liebe Riesenreiterin, mal als Barde –  aber auch ein wilder Pirat zog um und erschreckte manch nichtsahnenden Spießbürger, von denen es ja auch in Lauchringen einige gibt.

Bratschwein am Spieß
Bratschwein am Spieß – so gefällt das Mittelalter dem Lauchringer Bürger. Weniger Glückliche wurden auch inhaftiert, gefedert und dem Weibsvolk übergeben.

Gut gefallen hat es trotzdem den meisten und das ein kaltnasser Schatten über dem Dorffest schwebte, lag an den vielen Regenwolken, die nach einem meistenteils sonnigen Samstagnachmittag gerade während des Festivalhöhepunktes am Abend, dem Pestumzug, über Land und Leute hereinbrachen und alles nass pladderten. Am Sonntag wurde das Wetter dann wieder deutlich besser und das mittelalterliche Dorffest konnte nochmals einen Zuschauerrekord verbuchen, bis der Markt dann am Sonntagabend wieder schloss.

Insgesamt kann man dennoch ein positives Fazit ziehen: Lauchringen taugt durchaus als Kulisse für Mittelalterfeste und auch das Publikum: Ist es einmal auf den Geschmack gekommen (sowohl kulinarisch wie auch musikalisch), lässt es sich durchaus mittelalterlich herrichten und verköstigen. Zumal ist trotz Regen der August eine bessere Zeit für Festlichkeiten als die Fasnacht mit ihrer meist klirrenden Kälte, wer weiß, vielleicht gibt es sowas in Zukunft ja häufiger mal und nicht nur alle 1150 Jahre.

Das nächste größere mittelalterlich angehauchte Spektakel findet übrigens am darauffolgenden Wochenende in Singen statt: das Spectaculum. Sofern ich mich von meiner Erkältung bis dahin regeneriert habe, werde ich es vielleicht auch besuchen.

Fotos vom Mittelaltermarkt in Lauchringen gibt es im Anastratin-Fotoalbum.

Über Martin Dühning 1438 Artikel
Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau, arbeitet am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.