Phoenix-Götterdämmerung der 1990er

Der Anfang vom Ende der goldenen Ära - Geschichte der Phoenix, Teil 3

Die Cover der Phoenix-Ausgaben 29, 30, 31 waren wieder monochrom und im Formfaktor DinA4 gehalten (Foto: Martin Dühning)
Die Cover der Phoenix-Ausgaben 29, 30, 31 waren wieder monochrom und im Formfaktor DinA4 gehalten (Foto: Martin Dühning)

Alles hat irgendwann ein Ende, und nach den großen Ausgaben 24, 25, 26, 27, 28 kündigte Chefredakteur Christian im Editorial der Phoenix Nr. 29 große Veränderungen an.

Das Editorial der Phoenix Nr. 29 im Dezember 1995 - Gezeitenwechsel kündigten sich an.
Das Editorial der Phoenix Nr. 29 im Dezember 1995 – Gezeitenwechsel kündigten sich an.

Die Nr. 29 und auch die Jahre danach kann man aus guten Gründen noch zur großen Zeit der Phoenix dazurechnen, man betrachte nur das kunstfertige Cover oder auch die ComiX. Doch markierte die Nr. 29 tatsächlich auch das Ende einer Ära – sie ist die letzte Phoenix im Manniac-Stil und mit der klassischen Besetzung.

Auch die Nachfolgegenerationen unter Philipp Sandrock und Tobias Schwabe hatten noch einiges zu bieten, doch die alte, freche Ironie wurde zunehmend durch eine „neue Sachlichkeit“ ersetzt, die sich zwar darauf berufen konnte, dass schon die Schülerzeitungen der 80er Jahre mehr auf kompetente Sachartikel setzten.

Aber das kam bei der Leserschaft letztlich leider nicht so gut an. Und so begann die Zeit des großen Meckerns; schließlich gab es inzwischen eine hausgemachte Konkurrenz – das Jahrbuch, das zunächst weiterhin von der Presse-AG/Phoenix hergestellt wurde. Je mehr die Phoenix sich aber äußerlich und inhaltlich dem Jahrbuch näherte, desto mehr wurden die beiden zu Konkurrenten – umgekehrt hatte ja auch unser KGT-Jahrbuch einige Elemente der Schülerzeitung geerbt, zum Beispiel die Rubrik „Das Allerletzte“ (in der Phoenix inzwischen ausgestorben, im Jahrbuch noch zu finden), aber auch den teilweise durchaus ironischen und kritischen Stil.

Als spätere Phoenix-Redaktionen dann noch auf Globe und ComiX verzichteten, war für viele Schüler und Lehrer nicht mehr nachvollziehbar, wozu diese Schülerzeitung überhaupt noch gut sein soll – zumal sie auch als Informations- und Meinungsbildungsplattform – scheinbar zumindest – vom Internet abgelöst wurde.

Um die Jahrtausendwende begann dann auch der Abstieg der Phoenix und im Gegenzug der Aufstieg des „Webteams“, allerdings zunächst mit dem gleichen Personal – die meisten Mitglieder von Herrn Hables Team waren zuvor Phoenixer gewesen, die ihre Zukunft nun im Internet mit seinen neuen Möglichkeiten sahen. Daraus schließen zu wollen, Herr Hable und sein Webteam sei am Niedergang der Phoenix schuld, wäre allerdings falsch. Denn aus unseren Archivunterlagen wissen wir, dass Herr Hable die Phoenix wo es ging unterstützte, z. B. ihre Webseite bewusst und gewissentlich mitpflegte und auch Internetanfragen und Wettbewerbe an sie weiterleitete.

Womöglich sah sich das erste Webteam auch als „neue Presse-AG“ – Dabei mag auch eine Rolle gespielt haben, dass Herr Hable, der 1998 ans KGT kam, Humor und Ironie durchaus zu schätzen wusste. Was der neue KGT-Webmaster notgedrungen tun musste, um bei seiner Arbeit selbst auf einen grünen Zweig zu kommen, war, KGT-Webseite und Phoenix voneinander zu trennen.
Auf lange Sicht hat diese Trennung der Phoenix sogar gut getan – die Arbeit an Phoenix, Jahrbuch und KGT-Webseite (letztere eigentlich als „Hobby“ von Manfred Renner) war einfach zuviel des Guten. Auch die eigenständige Super-Multimedia-Phoenix-Webseite des neuen Jahrtausends, wie sie bis 2013 existierte, wäre sonst nie entstanden – aber es brauchte da eben ganz neue Leute mit neuen Ideen – und neue Ideen und neue Leute brauchen eben ihre Zeit, um sich zu entwickeln.

Zuerst veröffentlicht in Schülerzeitung Phoenix Nr. 50 (2008), S. 63

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Martin Dühning, geb. 1975, studierte Germanistik, kath. Theologie und Geschichte in Freiburg im Breisgau, arbeitet am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut und ist Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von Anastratin.de.